Frankfurt, 13. Juli 2022 – Erstmals seit 2013 hat der deutsche Hotelinvestmentmarkt zum Halbjahr nicht die Milliarden-Euro-Grenze erreicht. Mit einem Transaktionsvolumen1 von insgesamt 755 Millionen bei 32 Transaktionen lag die Investitionssumme um 26 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Auch der Zehn- und der Fünfjahresschnitt wurden deutlich um 44 Prozent beziehungsweise 49 Prozent unterboten.

Heidi Schmidtke, Managing Director der Hotels & Hospitality Group, sieht die Gründe in einem schwachen zweiten Quartal: „Zwischen April und Juni war das Investitionsgeschehen auf dem deutschen Hotelinvestmentmarkt mit nur 298 Millionen Euro sehr verhalten und das erste Halbjahr vor allem von kleinvolumigen Transaktionen dominiert. Denn, während das Volumen sank, nahm die Zahl der Transaktionen in den ersten sechs Monaten von 28 auf 32 zu. Dem Optimismus des Betreibergeschäfts über eine starke Buchungslage im diesjährigen Sommer steht das erschwerte wirtschaftliche und politische Marktumfeld gegenüber, das sich grundsätzlich auf die Investmentmärkte auswirkt.“

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Insgesamt wurden 32 Transaktionen registriert. Auf die davon 31 Einzeltransaktionen entfielen im ersten Halbjahr 705 Millionen Euro, somit etwa 35 Prozent mehr als im Vorjahr, in dem 522 Millionen Euro bei 22 Transaktionen erzielt wurden. Zu den größten Einzelabschlüssen im zweiten Quartal 2022 gehörten unter anderem:

➢ Der Ankauf des A&O Hostel Berlin Hauptbahnhof durch die Hostelkette A&O, die das Objekt mit knapp 1.000 Betten bereits seit 2010 gemietet hat und zukünftig weiter betreiben wird. Der Kauf wurde durch die Deutsche Kreditbank (DKB) finanziert.
➢ Die Veräußerung der Projektentwicklung Premier Inn Duisburg an der Westspitze des neu entstehenden Mercatorviertels durch den Projektentwickler GBI. Premier Inn hat das Objekt für den Eigenbestand erworben. Die Fertigstellung ist für den Herbst 2024 geplant.
➢ Der Erwerb des Radisson Blu Hotel Cottbus durch den bisherigen Betreiber RIMC Hotels & Resorts. RIMC plant, das Hotel mit 236 Zimmern zu modernisieren und im Eigenbestand weiter zu betreiben. Verkäufer war eine Privatperson.
➢ Der Verkauf des kürzlich neu eröffneten Meininger Hotel Bremen Hauptbahnhof als Teil der gemischt genutzten Immobilie Higheleven durch den Entwickler Buhlmann Immobilien Gesellschaft. Das Objekt wurde von dem ersten geschlossenen Spezialsondervermögen von Magna Asset Management und Hansainvest gekauft.

Nach sechs Portfoliotransaktionen mit insgesamt rund 493 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum verbuchte der Markt in diesem Jahr nur einen einzigen Paketverkauf in Höhe von 50 Millionen Euro.

Der Anteil von Projektentwicklungen am Gesamttransaktionsvolumen ging im Jahresvergleich von 26 Prozent auf 18 Prozent zurück. Waren es im ersten Halbjahr 2022 rund 265 Millionen Euro, kamen diesmal nur 139 Millionen Euro zusammen. Ein Grund: die aktuelle Volatilität der Baukosten und die Unsicherheit der Lieferketten.

Aktivste Käufergruppe waren in diesem Halbjahr Entwickler (32 Prozent des Gesamtvolumens), gefolgt von institutionellen Investoren (27 Prozent) und Hotelbetreibern (16 Prozent), die insbesondere im zweiten Quartal den größten Teil des Investmentvolumens ausmachten – 114 Millionen Euro verteilt auf drei Abschlüsse. Deutsche Anleger steuerten 72 Prozent (541 Millionen Euro) zum Gesamttransaktionsvolumen bei.

Heidi Schmidtke bilanziert: „Die sehr positive Übernachtungsnachfrage stärkt das Interesse in die besonders durch die Pandemie zuletzt gebeutelte Assetklasse Hotel. Zudem gibt es einen hohen Überhang durch eine in den vergangenen zwei Pandemiejahren angehäufte Liquidität. Allerdings zeigt sich eine hohe Volatilität und es spiegeln sich veränderte Finanzierungskonditionen in der Ankaufsprüfung der Investoren Assetklassen übergreifend wider.“ Dabei geraten Investoren gegenüber ihren Anlegern mehr unter Druck, die Renditeerwartung entsprechend dem Risikoprofil im Vergleich zu alternativen Kapitalmarktanlagen zu rechtfertigen.

„Wohlbemerkt laufen aber auch Transaktionen noch ohne absehbare Preiskorrektur weiter. Auch gibt es derzeit noch keine konkrete Transaktionsevidenz am deutschen Hotelmarkt, sondern es sind vielmehr Indikationen aus derzeit laufenden Verkaufsprozessen, die eine Auswirkung auf die Preise erwarten lassen“, erklärt Schmidtke. Die Tendenzen seien sehr wechselhaft, würden jedoch von Woche zu Woche eindeutiger und insbesondere vor dem Hintergrund der potenziell anstehenden Anhebung des Leitzinses durch die EZB konkreter.

Wermutstropfen auf operativer Seite sind der Fachkräftemangel und die steigende Inflation, die sich auf Energie-, Personal- oder Lebensmittelkosten und damit auch auf das Betriebsergebnis der Hotelbetreiber auswirken. Ein hohes Ratenniveau, was sich aktuell oftmals durchsetzen lässt, kann diese Entwicklung etwas abfedern.

„Ein Ausblick auf den weiteren Jahresverlauf ist momentan schwierig, die Erwartung, dass das Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr steigt, ist jedenfalls verhalten, insbesondere aufgrund der erschwerten Preisfindung“, sagt Heidi Schmidtke.

Quelle: JLL (PM vom 13.07.2022)