Neue Chance: Ist nach dem Duo Schiller/Strauß 1967 die Zeit für Habeck/Lindner im Jahr 2022 gekommen?

Wir stehen vor einer Zeitenwende – sagte der sonst so leise Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag Ende Februar 2022. Und da-nach schwieg er wieder. Die Medien bezeichnen das als „laute Sprachlosigkeit“. Er selbst verteidigt sein Verhalten und erklärt, dass er dadurch führt, dass er (eben) nicht das macht, was andere von ihm erwarten. So spricht wohl ein durch und durch unsicherer Mensch, der auch schon mal ein existenzielles Gespräch über den Themenkomplex Cum-Ex in der Hamburger Bankenszene einfach vergisst.

Als finanzökonomischer Beobachter darf ich ein anderes Urteil fällen: Eigentlich ist es egal, wer unter einem vertrauensvoll kooperierenden Duo von Wirtschaft s- und Finanzminister Kanzler ist. Solange diese BEI-DEN gut und fähig sind. Das ist wichtig für die Innenpolitik. Eine starke Besetzung des Außenministeriums rundet das Bild ab und lässt den deutschen Richlinienkompetenzträger unwichtig erscheinen.

Eine ähnliche Situation hatten wir bereits 1967 unter Kurt Georg Kiesinger. Kiesinger war der erste deutsche Bundeskanzler, der mit einer Großen Koalition regierte. In sei-ne Amtszeit fielen die Einführung der Notstandsgesetze sowie Gesetze, die zur Verjährung von NS-Kriegsverbrechen führten (Art. 1 Ziff er 6 EGOWiG), und die Hauptphase der außerparlamentarischen Opposition. Seine frühere Karriere im Staatsapparat des NS-Regimes wurde während seiner Zeit als Politiker in der Bundesrepublik wiederholt öffentlich kritisiert. (Zitat aus Wikipedia)

Trotz dieses Problemkanzlers hat das Ministerduo Karl Schiller (Wirtschaft) und Franz-Josef Strauß (Finanzen) eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik betrieben und die Arbeits-losenzahlen deutlich reduziert. Die beiden erhielten wegen ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit in der Öffentlichkeit die von Will-helm Busch abgeleiteten Spitznamen Plisch und Plum.

Nun hat das Duo Robert Habeck und Christi an Lindner die Chance, in dieser schwierigen, kriegsgeschwängerten Umbruchszeit eine soziale ökologische Marktwirtschaft – wie es der Koalitionsvertrag nennt – zum Erfolg zu führen. Wirtschaftsminister Habeck sollte in seiner empathischen Art für die Vermittlung der Botschaft, die Visualisierung und die ökologische soziale Tragfähigkeit zu-ständig sein und Christi an Lindner in seiner analytischen finanzkompetenten Art muss den Haushalt im Griff behalten und die Wirtschaft im Sinn der sozialen Marktwirtschaft auf Kurs halten. Und wenn einer stürzt – und das kann in der aktuellen Gemengelage schneller passieren als man meint – hilft der Zweite des Duos solidarisch.

Nur ein parteiübergreifendes Miteinander kann die Lösung bringen, wenn das Duo Habeck/Lindner den Rücken durch eine agile und auch mal defensiv präsente Außenministerin, Annalena Baerbock, den außenpolitischen Rücken freigehalten bekommt. Dann kann ein Bundeskanzler – wer war das gleich noch mal – ach ja, der so erfolgreich beim Hamburger G7-Treffen abgetauchte Scholz, sich im Kanzleramt oder wo auch immer verstecken.

Fehler sollten jedoch vermieden werden, wie sie bei der KfW-Förderung für energetisch optimiertes Bauen zu Beginn der Legislatur-periode passiert waren. Zwar sind durch den Ukrainekrieg solche Probleme in den Hinter-grund getreten, sie werden aber wiederkommen, und dann mit voller Wucht. Die Kunst und Herausforderung wird sein, Klimaschutz bzw. Soziales und Wirtschaft zu vereinen. Und das nicht durch Gebote und Verbote, sondern nur und ausschließlich durch das Abholen der Menschen. Nicht alle werden dabei mitmachen, keine Querdenker, keine radikalen Klimaschützer, keine radikalen Rechten und auch Linken – aber auch keine radikalen Kapitalisten.  Egal: Wir brauchen schlicht und ergreifend eine deutliche Mehrheit in der erweiterten Mitte, das nennt man Demokratie!

Und das schreibe ich, der sich als demokratischen, freiheitsliebenden, sozialen und ökonomisch-orientierten Menschen positioniert. Wir müssen weiter gemeinsam über die Kraft und Bedeutung der Wirtschaft und der Finanzen informieren, vor allem wenn heute sogar Kriege über diesen Weg geführt werden. Ich bin fest überzeugt, dass wir als Vertreter der sozialen ökologischen Marktwirtschaft in Deutschland die Mehrheit stellen, und das ganz egal ob wir Anhänger der CDU, CSU, FDP, Grünen, SPD sind.  Deshalb sollten wir jetzt selbstbewusst und konsensfähig sein.