Interview von Herrn Edmund Pelikan mit Frau Cornelia Sorge und Herrn Michael Weniger von der PROJECT Immobilien Gruppe
Landshut, 23.05.2017 (Interview epk media): Der Begriff Effizienz bei Immobilienentwicklungen von Büroflächen wird oftmals nur als Quotient aus vermietbarer Fläche zu Bruttogeschossfläche verstanden. Vereinfacht: Welcher Teil des umbauten Raumes verdient auch Geld? Dies ist und bleibt– gar keine Frage – sehr wichtig für Entwickler und Endinvestoren. Für die spätere Vermarktbarkeit und Drittverwendbarkeit ist es jedoch notwendig, dass die Nutzbarkeit der Flächen gegeben ist und der Flächenverbrauch pro Arbeitsplatz ökonomisch ist. Und damit kommt der weitreichenderen Auslegung von Flächeneffizienz bei steigenden Preisen und zunehmend engeren Märkten große Bedeutung zu. Deshalb sprach die Redaktion des BeteiligungsReports mit den Immobilienentwicklern Frau Cornelia Sorge und Herrn Michael Weniger aus dem Hause der Nürnberger PROJECT Immobilien Gruppe, die im Segment Büroimmobilien vor allem auf dem Berliner Markt unterwegs sind.
BeteiligungsReport: Frau Sorge, Sie leiten als Vorstand der PROJECT Immobilien Gewerbe AG hier in Berlin die Projektentwicklung und strategische Steuerung der Gewerbebausparte und Sie Herr Weniger verantworten als Vorstand den Gesamtbereich Planung und Bau der PROJECT Immobilien Gruppe. Wann ist Flächeneffizienz bei Ihnen ein Thema geworden?
Michael Weniger: Wir haben schon bei unseren Wohnimmobilien eine sehr hohe Effizienz in den Grundrissen bei PROJECT Immobilien etabliert und sind hier sehr erfolgreich, daher war es der nächste logische Schritt, diesen Gedanken auch auf unsere Gewerbeplanungen zu übertragen. Das Thema Effizienz ist derzeit im Büromarkt hoch aktuell: hier jedoch nicht unbedingt getrieben von Qualitäts- und Kostenbewusstsein, sondern von der Verknappung des Baulandes. Büroflächen werden knapp – Berlin hat gegenüber den anderen Metropolen aufgeholt und verzeichnet eine Leerstandquote noch unter allen anderen deutschen Metropolen.
Cornelia Sorge: Flächeneffizienz war für uns schon immer ein wichtiger Grundsatz, denn wir wollen funktionale und werthaltige Gebäude entwickeln. Diese Werthaltigkeit wird durch effiziente Flächenlayouts erreicht, die dem Nutzer eine hohe Ausnutzung der Flächen ermöglichen. Wir haben uns aus unserer Planungs- und Vertriebserfahrung ideale Standards in Bezug auf Raumtiefen und -geometrien erarbeitet. Dabei haben wir uns selbst die Einhaltung von Kennzahlen auferlegt, die nicht überschritten werden dürfen.
BeteiligungsReport: Wann beginnt man als Projektentwickler an Flächeneffizienz zu denken? Ist das bereits ein Thema beim Einkauf?
Cornelia Sorge: Absolut. Für jede Ankaufskalkulation erstellen wir ein Konzept, das unseren Anspruch an eine effiziente und nutzerfreundliche Planung erfüllt. Das vorliegende Baurecht lässt oftmals eine Verdichtung mit hohen Raumtiefen und schlechter Belichtung zu, die ineffizient und nicht nutzerfreundlich ist. Projektentwickler lassen sich im Preiswettbewerb teils zu Planungen verleiten, die der späteren Nutzbarkeit abträglich sind. Dieser Versuchung widerstehen wir sehr hartnäckig, und dieses Qualitätsbewusstsein zahlt sich später in der Vermarktung aus.
BeteiligungsReport: Ist das eine gängige Vorgehensweise oder eher die Ausnahme am Projektentwicklungsmarkt?
Michael Weniger: Die übliche Vorgehensweise bei Projektentwicklungen geht von der maximalen Ausnutzung der Geschossflächenzahl zum Baukörper aus. Danach wird von den damit definierten Außenkonturen eine darauf abgestimmte Innenplanung der Räume entwickelt. Wir in der PROJECT Immobilien Gruppe mit unseren inzwischen über 200 Ingenieuren haben uns von diesem Ansatz gelöst und planen die Immobilien, wenn möglich, von innen nach außen. Erst soll der Anspruch einer flächeneffizienten Raumplanung realisiert werden, und daraus entwickeln sich die Außenmaße und die Gebäudelinien. Das ist unserer Meinung nach die einzig richtige Reihenfolge, um die optimale Flächeneffizienz und somit das richtige Produkt für unsere Kunden zu planen und zu erstellen.
BeteiligungsReport: Sie konzentrieren sich als Immobilienentwickler auf Neubauten. Können auch Altbauten flächeneffizient renoviert werden?
Cornelia Sorge: Das kommt darauf an, ob die Gebäudegeometrie stimmt. Die Tiefe des Gebäudes, das Achsraster und die Lage der Erschließungskerne sind die ausschlaggebenden Voraussetzungen. Das sind strukturelle Voraussetzungen im Gebäude, die sich später nur mit großem Aufwand verändern lassen.
BeteiligungsReport: Wie erreicht man als Büroentwickler eine arbeitsfreundliche und doch effiziente Gestaltung?
Cornelia Sorge: Bei Flächeneffizienz geht es darum, mit dem Raum ökonomisch umzugehen und Fläche dort zu sparen, wo sie dem Nutzer keinen Nutzen bringt, wie beispielsweise in einer ungeschickt organisierten Erschließung oder in übermäßig tiefen, dunklen Flächen. Die so optimierte Planung beschneidet dabei nicht die idealen Größen der Arbeitsplätze. Für die arbeitsfreundliche Gestaltung ist darüber hinaus ein funktionales Layout der Mietflächen mit guten räumlichen Bezügen sehr bedeutend. Weitere Faktoren sind Belichtung, Raumhöhen und technische Ausstattung der Räume.
BeteiligungsReport: Vor Kurzem hat Ihr Büroimmobilienprojekt NUBIS eine Auszeichnung für hocheffiziente Flächengestaltung von der anleger- und investorenorientierten Stiftung Finanzbildung bekommen. Welche Voraussetzungen muss ein Grundstück bzw. ein Baukörper aufweisen, damit man zu so einem flächeneffizienten Bürogebäude kommt wie bei der Franz-Ehrlich-Straße in Berlin-Adlershof?
Michael Weniger: Grundlegende Dinge werden durch die angemessene Gebäudetiefe, das Achsraster und die optimale Lage der Erschließungs- und Sanitärkerne im Gebäude festgelegt. Was die Grundstücke angeht, müssen der Grundstückszuschnitt und die baurechtlichen Vorgaben passen. Durch diese vielschichtigen Einflüsse auf die Planung gibt es viele Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen, die zu einem möglichst optimalen Ergebnis führen. In der Franz-Ehrlich-Straße in Berlin-Adlershof ist es uns sehr gut gelungen, trotz dieser Komplexität und einer hohen Effizienz auch noch eine hohe Flexibilität für die späteren Käufer oder Mieter zu erhalten.
BeteiligungsReport: Bei der erwähnten Evaluation haben Sie die Auszeichnung „Trusted Real Estate“ mit einem Wert AA+ bekommen. Was bedeutet das?
Cornelia Sorge: Das bedeutet für uns ein großes Kompliment. Die Stiftung Finanzbildung hat unser Projekt NUBIS in Berlin-Adlershof genau unter die Lupe genommen. Dafür wurden verdichtete Belegungsstudien für die drei nachgefragten Organisationsformen Zellen-, Gruppen- und Großraumbüros erstellt und der Flächenbedarf je Arbeitsplatz ausgewertet und zwar auf Raum-, Mietflächen- und Gesamtflächen-Basis. Wir haben dabei mit einem durchschnittlichen Raumbedarf von 7,21 m²/Mitarbeiter/Raum und 11,49 m²/Mitarbeiter/ Gesamtfläche einen außerordentlich guten Wert erreicht und sind darauf sehr stolz. Unsere weiteren Bauvorhaben werden wir ebenfalls untersuchen lassen und streben an, dieses Ergebnis mindestens wieder zu erreichen.
BeteiligungsReport: Oft hört man neben dem Thema Flächeneffizienz auch das Thema Flächenflexibilität. Was versteht man darunter und was ist der Unterschied zu ersterem?
Cornelia Sorge: Flexibilität heißt, offen für die Anforderungen unterschiedlicher Nutzer, aber auch veränderter Anforderungen bestehender Nutzer zu bleiben. Letztendlich geht es hierbei um die Drittverwendbarkeit und nachhaltige Nutzbarkeit. Flexibilität zeigt sich räumlich darin, die nachgefragten Organisationsformen wie Zellen-, Gruppen-, Kombi- und Großraumbüros gut abbilden zu können. Auch sollte eine Unterteilung in unterschiedlich große Mieteinheiten möglich sein, die möglichst effizient über gemeinsame Erschließungskerne angebunden sein sollten. Effizienz fängt bei der Erschließung an, denn Erschließungsflächen zahlen alle mit, ohne davon hohen Nutzen zu haben: der Entwickler, der Mieter und der Endinvestor.
BeteiligungsReport: Wie sehen die weiteren Projekte in Zukunft aus?
Michael Weniger: Wir planen derzeit alle unsere Projekte mit dem Augenmerk auf die Flächeneffizienz und verfeinern hier auch weiterhin die Ansätze. Dieser Weg und diese Herangehensweise sind für uns ein Leitziel geworden, das jeden Planer und Ingenieur in seiner täglichen Arbeit begleitet. Daher werden die nächsten Gewerbeprojekte von PROJECT Immobilien, die sich in der Planung befinden, auch wieder sehr effizient sein.
BeteiligungsReport: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Interview finden Sie auch hier.